Whitehead

Whitehead
Whitehead
 
['waɪthed],
 
 1) Alfred North, britischer Mathematiker und Philosoph, * Ramsgate 15. 2. 1861, ✝ Cambridge (Massachusetts) 30. 12. 1947; lehrte 1885-1910 Mathematik am Trinity College, Cambridge, ab 1914 als Professor für angewandte Mathematik in London und wirkte 1924-37 als Professor für Philosophie an der Harvard University in Cambridge (Massachusetts); versuchte auf der Grundlage seines von Mathematik und Physik geprägten Denkens eine neue Metaphysik zu entwickeln. Whiteheads mathematische Arbeiten waren vorwiegend Grundlagenfragen gewidmet. 1906/07 arbeitete er über Axiomatisierungen der projektiven und deskriptiven Geometrie. Seine anschließenden Ausführungen über algebraische Studien stimmten weitgehend mit denen seines Schülers B. Russell in dessen geplantem zweiten Band seiner »Principles of mathematics« überein, weshalb sich beide für eine Zusammenarbeit entschieden. In ihrem Werk »Principia Mathematica« (3 Bände, 1910-13) gaben sie, den Standpunkt des Logizismus vertretend, eine mengentheoretisch-logische Begründung der Mathematik. Die bekannten Antinomien wurden durch einen typentheoretischen Aufbau der Mengentheorie und des Logikkalküls vermieden. Die 1916 folgende Veröffentlichung »La théorie relationiste de l'espace« von Whitehead liegt schon im Grenzbereich von Mathematik und Philosophie. Seine in der Folgezeit geübte Kritik an der Atomisierung und Geometrisierung der konkreten Naturerfahrung durch die Wissenschaft bestimmte seine spätere Naturphilosophie (»An enquiry concerning the principles of natural knowledge«, 1919; »The concept of nature«, 1920, deutsch »Der Begriff der Natur«), die ihn auch zu physikalischen Beiträgen zu Relativitäts-, Gravitations- und Feldtheorie veranlasste. Sie wurde in »Process and reality. An essay in cosmology« (1929; deutsch »Prozeß und Realität. Entwurf einer Kosmologie«) zu einer metaphysischen Kosmologie beziehungsweise zu einer »organischen« Philosophie (»philosophy of organism«) als einem alle Gegenstände menschlicher Erfahrung umfassenden System weiterentwickelt. Whitehead fasst die Wirklichkeit als Prozess fortwährender Selbstkonstitution auf der Grundlage letzter »Einheiten« auf, die ständig wechselnde Beziehungen zueinander herstellen. Die Bildung dieser »Einheiten« ist als organisches »Zusammenwachsen« (Konkreszenz) ihrer »Objektivationen« oder »Erfassensakte« (Prehensionen) zu verstehen. Gegenüber der unausschöpflichen prozesshaften Wirklichkeit sind alle begrifflichen Unterscheidungen, besonders der Wissenschaft, abstrakter Natur, in Bezug auf die die Philosophie das Konkrete in der Vielfalt der Abstraktionen vergegenwärtigt. Whiteheads Spätphilosophie zeigt Einflüsse der Monadologie von G. W. Leibniz, des englischen Neuhegelianismus, von H. Bergson und W. James. Die Verbindung seiner Kosmologie mit einer Religionsphilosophie führte ihn dazu, Gott als Grundlage der konkreten Wirklichkeit zu verstehen, das heißt als »Konkretionsprinzip«, wodurch die »Einheiten« zum Prozess der Selbstbildung veranlasst werden (Prozesstheologie).
 
Weitere Werke: An introduction to mathematics (1911; deutsch Einführung in die Mathematik); Science and the modern world (1925; deutsch Wissenschaft und moderne Welt); Religion in the making (1926; deutsch Wie entsteht Religion?); The function of reason (1929; deutsch Die Funktion der Vernunft); Adventures of ideas (1933; deutsch Abenteuer der Ideen).
 
 
W. Einf. in seine Kosmologie, hg. v. E. Wolf-Gazo (1980);
 R. L. Fetz: Prozeßdenken u. Substanzmetaphysik (1981);
 A. Rust: Die organism. Kosmologie von A. N. W. (1987);
 
Natur, Subjektivität, Gott. Zur Prozeßphilosophie A. N. W.s, hg. v. H. Holzhey u. a. (1990);
 M. Hauskeller: A. N. W. zur Einf. (1994);
 J. Stolz: W. u. Einstein. Wissenschaftsgeschichtl. Studien in naturphilosoph. Absicht (1995).
 
 2) Gustave, Flugpionier, Weißkopf, Gustav Albin.

Universal-Lexikon. 2012.

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